Vor Kurzem hatte ich einen beruflichen Auftrag, für den ich mir einige Landtagswahlprogramme durchlesen musste. Ich musste unweigerlich schmunzeln und an die häufigen Vorwürfe à la „die Parteien unterscheiden sich ja gar nicht mehr, alles das Gleiche!“ denken. Denn teilweise ermüdete es auch mich immer wieder die gleichen Sätze zu lesen. Fast alle Parteien wollen Gründer fördern, Programme hierfür auf den Weg bringen und natürlich mehr für die Digitalisierung machen.
Trotzdem würde ich dem Vorwurf vehement widersprechen. Die Unterschiede stecken häufig in Details. Und die werden uns nicht immer auf dem Silbertablett - aka den Plakaten im Wahlkampf auf den Straßen - präsentiert. Wir müssen auch selbst aktiv danach suchen. Es sind oft die kurzen Sätze, die scheinbar eine Kleinigkeit darstellen und doch genau den Unterschied machen. Wenn eine Partei bspw. auch gezielt Gründerinnen fördern möchte. Und dabei auch außerhalb des Start-up-Kapitels an Betreuungsmöglichkeiten denkt. Oder wenn es dabei eben nicht nur um Wirtschaftsförderung geht, sondern auch soziale und ökologische Aspekte bedacht werden. Was verbirgt sich im Verständnis der Partei, wenn sie von Innovation spricht? Die Frage lautet u.a. wem sollen die Maßnahmen nützen, wie viel Geld soll dafür zur Verfügung gestellt werden, welche Priorität hat dieses Projekt? Außerdem ist es wie immer höchst spannend, was nicht gesagt oder geschrieben wird.
In all diesen Punkten drückt sich aus, dass die Parteien einen sehr unterschiedlichen Blick auf die Welt haben, dass sie eine andere Haltung einnehmen. Programme und konkrete Maßnahmen sind in einem ganz anderen „Geist“ entstanden, der Zugang zur Problemstellung ist ein anderer. Das ist vollkommen legitim. Doch bei Deiner Wahlentscheidung solltest Du Dich auch mit Deinem Blick auf die Welt vertreten fühlen. Und deshalb lohnt es sich für uns herauszufinden, wie die Parteien - und speziell die verantwortlichen Spitzenpolitiker*innen - so „ticken“. Dafür lohnt sich ein Blick in die Präambel oder Einleitung der Programme, das Wording in Interviews und auf Social Media. Und eine ideale Gelegenheit bietet natürlich wie immer die persönliche Begegnung. Traust Du es diesem Menschen zu, dass er Deinen Blick auf die Welt würdig vertreten wird? Auch bei ganz neuen Problemstellungen, die zwangsläufig immer wieder auftauchen werden.
Die Demokratie lebt am Ende immer vom Kompromiss. Damit sage ich Euch nichts Neues. Und das kennen wir doch auch gut aus unserem privaten Leben: Jeder geht mal einen Schritt auf den anderen zu, man kann sich nicht bei allem durchsetzen. Aber in jeder Geisteshaltung werden sich rote Linien ausdrücken und Prioritäten ausmachen lassen. Privat und politisch. Forsche doch da mal ein bisschen für Dich nach, welche Partei am ehesten zu Dir passt.
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