Digital Development Goals: Kommunikationsregeln für den digitalen Raum

Was wären - angelehnt an die UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, die Sustainable Development Goals (SDGs) - Digital Development Goals? Damit beschäftigt sich gerade eine Blogparade, an der ich mit diesen Gedanken gerne teilnehmen möchte.

 

Ich wünsche mir dringend allgemein anerkannte Kommunikationsregeln. Ich rede hier nicht von Hass & Hetze, die ebenso wie im Analogen, einfach ein No Go sind und rechtlich bestraft werden müssen.

 

Ich rede von Situationen wie: Auf dem Facebook-Messenger oder per WhatsApp berufliche/verbandsinterne Anfragen und Nachrichten um 22.48 Uhr erhalten, die in einem eigentlich privaten Kanal nichts verloren haben, die ich in diesen Medium noch nicht Mal an die Personen, die dieses Anliegen eigentlich betrifft, weiterleiten kann. Die meinen Raum, nicht wie bei E-Mail-Kommunikation bspw. mittels Abwesenheitsassistenz, schützen. Und auf diesen Medien wird dann teilweise frecherweise noch angezeigt, dass ich die Nachricht soeben gelesen habe.

 

Warum wissen auch so viele Menschen nicht, dass E-Mails nicht der Ort für Diskussionen oder offene Fragen sind, auf die 148 Antworten in den großen Mail-Verteiler kommen?

 

Oder auch die Frage ins Blaue: "Wollen wir uns mal auf einen Kaffee treffen?". Auch wenn Ehrenamtlichen oder den Menschen in Führungspositionen in Vereinen nicht diese Unnahbarkeit wie bei CEOs aus der klassischen Wirtschaft anhaftet: Auch sie (oder gerade sie!) müssen mit ihrer Zeit und ihren Kräften gut haushalten. Sie haben in der Regel keine Bürokraft, die für sie vorsortiert, sie abschirmt, den Orgakram für sie übernimmt. Netzwerken, sich austauschen - das ist alles gut und wichtig. Davon lebt ja auch unsere Community. Aber benennt Eure Anliegen und den Anlass des gewünschten Treffens.

 

Ich weiß, dass ich mich mit Hilfe einiger "Techniken" abgrenzen kann (habe viel dazu recherchiert ☺️, funktionieren auch sehr gut) und mich auch an der eigenen Nase packen muss, mich von solchen Situationen nicht stressen zu lassen (das klappt mal besser, mal schlechter). Und mir ist auch bewusst, dass sich hier im Digitalen etwas ausdrückt, dessen Ursache in der analogen Welt liegt. Das "Problem" ist nicht die Digitalisierung. Menschen sind einfach unterschiedlich gut organisiert und strukturiert. Unsere digitale Kommunikation hat diese Flut an Nachrichten aber natürlich potenziert.

 

Und ich sehe darin durchaus auch eine Gefahr für den NGO-Sektor: Gerade gut organisierte Menschen mit skills, die der Sektor gut brauchen könnte, wenden sich schnell wieder ab, wenn sie gleich zu Beginn ihres Engagements mal in ein oder zwei "falsche" Mailverteiler geraten. Und auch die, die bleiben: Es kostet unglaublich viel Kraft und ich höre so oft den Satz "Ich würde gerne mal wieder zu meiner eigentlichen Arbeit kommen". Das hat natürlich auch viel mit Bürokratie und Verwaltungsaufgaben zu tun. Aber eben auch mit einer Flut an Non-Sense-Kommunikation, die man aufgrund von Höflichkeit abarbeiten will oder muss.

 

Und ich glaube, an dieser Stelle gilt es neue Standards für Höflichkeit miteinander auszuhandeln. Ich will mich bspw. nicht unhöflich fühlen, wenn ich Nachrichten nicht beantworte. Nachrichten, die seitenlang sind und bei mir im Internet zugängliche Informationen für Bachelor- oder Masterarbeiten abfragen. Ich will, dass der/die Absender*in sich dabei unhöflich fühlt und sie daher idealerweise gar nicht erst verschickt. Sondern Recherchearbeit leistet und mir dann zwei gezielte Nachfragen stellt, die ich dann natürlich super gerne beantworte. Ich teile gerne mein Wissen und verhelfe Projekten zu mehr Impact.

 

Um die Potenziale unserer Vereinsarbeit bestmöglich zur Wirkung bringen zu können und auch die Kräfte der Menschen, die diese Arbeit (meist ehrenamtlich) leisten, zu schonen, wünsche ich mir daher klarere Regeln in der digitalen Kommunikation. Als Kind, als es noch Festnetztelefon gab, wurde mir bspw. beigebracht, in der Mittagspause oder spät abends nicht mehr einfach so bei jemandem anzurufen. Das war wie Allgemeinwissen. Gibt es solche Regeln auch für die digitale Welt und ich kenne sie einfach nur noch nicht? Wenn nein, dann müssen sie dringend her!

 

Dieses Digital Develpoment Goal mag auf den ersten Blick nicht so heroisch daherkommen, wie andere Vorschläge (Barrierefreiheit, Sparsamkeit mit Daten, ...), die ich bereits gelesen habe. Es stellt für mich allerdings eine so wichtige Basis dar, damit uns als Sektor mal nicht irgendwann die Puste ausgeht oder uns die guten Leute weglaufen/nicht mehr erreichen. Und dieser Aspekt kann sich natürlich in einem größeren Goal wie "Medienkunde" wiederfinden.

 

Raubt Euch diese Art der Kommunikation auch manchmal den letzten Nerv? Welche Techniken funktionieren zum Abgrenzen bei Euch besonders gut? Oder habt Ihr gar eine ganz andere Meinung dazu? Dann freue ich mich auf den Austausch mit Euch und nehmt doch selbst noch bis zum 1. Dezember an der Blogparade teil!

Foto: OpenTransfer / Henning Schacht

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